Am 24. Oktober ist der Tag der Bibliotheken!

| von Annedore Schulz |

„Starke Bibliotheken führen zu einer starken demokratischen Gesellschaft“

So sagt es der Präsident des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv) Dr. Frank Mentrup in seinem Grußwort zum Tag der Bibliotheken 2021. Im Zusammenspiel mit dem Motto des Digitaltages 2021 „Deutschlands digitale Spaltung überwinden“ passt das hervorragend zu einem kleinen Projekt, was wir in der nächsten Zeit in Angriff nehmen möchten.

Das Herzstück der Bibliothek des Landeskirchenamtes am Standort Schwerin ist die Sammlung  Mecklenburgica. Darin finden sich viele Bücher, die sehr eindrucksvoll vom langen und schwierigen Weg zu einer demokratischen Gesellschaft in Mecklenburg erzählen. Der Weg führt über die Gründung evangelischer Gemeinden in Mecklenburg mit der größeren Bedeutung eines jeden Einzelnen für das Leben in der Kirchengemeinde über die intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts weiter zur Hinterfragung der gesellschaftlichen Regeln und ebenjener überlieferten Geschichtsschriften zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Die Schriften illustrieren die erste große gesellschaftliche Zäsur mit dem Zerfall der Monarchie in Mecklenburg und den ersten Schritten der Demokratie  während der Weimarer Republik und sie zeigen eindrücklich, wie die nationalsozialistische Herrschaft zu den furchtbarsten Folgen für das ganze Land und jeden einzelnen führte, aber auch welchen Mut Menschen aufbrachten, gegen diese Herrschaft anzukämpfen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es dann den zweiten Versuch einer Demokratie im Land. Die junge Deutsche Demokratische Republik trug Demokratie zwar im Namen, nannte sich selbst aber „Diktatur der Proletariats“.

Mensch, nun denkt ihr diese Geschichte fand so in vielen Teilen Deutschlands statt, nichts Besonderes! Weit gefehlt, denn in den Büchern der Mecklenburgica-Sammlung findet sich der spezifische Umgang mit diesen gesellschaftlichen Herausforderungen in unserem schönen Land. Ein gutes Beispiel dafür ist das kleine Projekt „Samisdat – Schriften der Friedensbewegung im Mecklenburg der 1980er Jahre“. Viele kleine Hefte sind zwischen 1981 und 1989 in unterschiedlichsten Formen mit verschiedenen Autoren erschienen. Sie alle hatten gemein, dass sie dafür gemacht waren von den Lesern abgetippt, kopiert oder abgeschrieben und dann weiter verbreitet zu werden. Sie erschienen unter Mithilfe der Kirchengemeinden, sind aber keineswegs als offizielle Publikationen der Landeskirche Mecklenburgs zu verstehen.  Es ist nicht systemkonforme Graue Literatur, deren Verbreitung die offiziellen Kanäle unterwanderte.

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Diese Hefte aus den Reihen „Friedensnetz“ oder „Schriften zur Friedensdekade“  lassen eindrücklich das Ringen um eine echte Demokratie in Mecklenburg und das Erwachen eines großen Umweltbewusstseins in den 1980er Jahren zum Leben erwachen. Und sie machen deutlich, dass die Friedliche Revolution nicht nur in Leipzig oder Dresden vorbereitet wurde, sondern Bestrebungen und Ideen für einen demokratischen Neuanfang überall zu finden waren. Und aus allen Berichten spricht die Liebe der Autoren zu ihrer Heimat Mecklenburg.

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Diese Schriften wurden in den letzten Jahren außergewöhnlich häufig für wissenschaftliche Arbeiten angefragt. Daher möchte die Bibliothek sie nach abschließender Klärung aller urheberrechtlichen Fragen digitalisieren und im Katalog ausführlicher beschreiben, um sie einfacher für die Nutzung zur Verfügung zu stellen.

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Ach ja, was machen die Bücher denn nun nachts? Eine kurze Umfrage unter meinen Mitstreitenden aus anderen kirchlichen Bibliotheken hier in Hünfeld bei einer Weiterbildung des Verbandes kirchlich-wissenschaftlicher Bibliotheken brachte ganz unterschiedliche Ergebnisse „Sich vermehren!“, „Von der Verfilmung träumen“, „So schlau rumstehen“ oder „sich verstecken“ waren Vorschläge. Doch leiht euch Bücher aus der Bibliothek des Landeskirchenamtes aus und findet es selbst heraus, denn eins wollen Bücher bestimmt nicht – Einstauben!

John Steinbeck sagte dazu eindrucksvoll:

"Die Kultur eines Volkes ist meßbar. Man erkennt sie an der Dicke des Staubes auf den Bücherrücken in den öffentlichen Bibliotheken."

Natürlich gibt es in der Bibliothek des Landekirchenamtes noch viel mehr zu entdecken: Kirchengeschichte, Theologie, Bibeln, Gesangbücher, Bau- und Kunstbände sind nur einige von vielen anderen Systematischen Sammlungen der allein am Standort Schwerin über 40.000 Titel. Doch dazu berichte ich ein anderes Mal mehr.

(Fotos: Bibliothek des Landeskirchenamtes, Standort Schwerin; Zitat John Steinbeck nach https://gutezitate.com/zitate/bibliotheken).

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